Möttlingen – Ein Hoffnungsort der Erweckung

Liebe Leser,
Möttlingen – ein kleiner Ort im Nordosten des Schwarzwaldes, ungefähr zwischen Stuttgart und Pforzheim, heute gehört er zu Bad Liebenzell, – eine „Stätte der Christenheit“? Eindeutig Ja! Denn dieser kleine, unscheinbare Ort, wurde im 19. Jahrhundert Schauplatz von Ereignissen, die eine Bedeutung für das Reich Gottes, weit über die Grenzen des Schwabenlandes hinaus gewinnen sollte. 

In Möttlingen lebte und wirkte in den Jahren 1838 bis 1852 der Pfarrer Johann Christoph Blumhardt. Blumhardt war ein Mensch, dem alles aufgesetzte und unnatürliche Wesen, in seinem Charakter wie in seiner Frömmigkeit, zutiefst fremd war. Man könnte sagen, er war ein durch und durch „normaler“ und bodenständiger Mann; aber doch einer, der betete und im Vertrauen auf Gott durchzuhalten wusste – wenn es sein musste, auch über lange Zeit.
Wenige Jahre nach Beginn seiner Amtszeit wurde ebendas auch bitter nötig. Eine Frau aus seiner Gemeinde, Gottliebin Dittus, wurde von unerklärlichen, dämonischen Anfällen geplagt. Blumhardt blieb angesichts dessen nüchtern. Er tat nichts anderes, als treu für die Frau zu beten. Und doch wurde es mit ihr nur immer schlimmer. Das Ganze zog sich etwa zwei Jahre lang hin. Währenddessen blieb Blumhardt unverdrossen dabei, den Namen Jesu für sie anzurufen – ohne großes Aufsehen und ohne nachzulassen. In dieser langen Zeit des „Kampfes“, wie er es später selber nannte, lernte er immer mehr auf die Kraft dieses Namens Jesu zu vertrauen.
Zu Weihnachten 1843 schließlich mussten die bösen Geister die Herrschaft Jesu anerkennen und fuhren unter dem laut in der ganzen Umgegend hörbaren Ruf „Jesus ist Sieger“ aus.
Damit war die Geschichte jedoch noch lange nicht zu Ende. Was nun folgte, war, wie Blumhardt es selber bezeichnete, das eigentliche Wunder: In Möttlingen und der ganzen Umgebung kamen – von ganz allein – immer mehr Menschen zum lebendigen Glauben an Jesus. Und zwar so, dass ihnen ihre Sünden ganz deutlich bewusst wurden – und sie Hilfe und den Zuspruch der Vergebung Gottes bei Pfarrer Blumhardt suchten. Es war, als ob sich in der unsichtbaren Welt etwas gelöst hatte, so dass die Menschen, die vorher wie unter einer Decke der Finsternis gesteckt hatten, auf einmal geistlich aufwachten und anfingen, nach Gott zu suchen. Bei Blumhardt durften sie ihre Sünden alle aussprechen und er hatte die Vollmacht, ihnen im Namen Jesu Vergebung zuzusagen. Die Folge war für viele eine große Freude und Freiheit, die weithin ausstrahlte. Diese Beicht-Bewegung hielt über viele Jahre an und brachte eine Erneuerung bis in weite Teile der ganzen Kirche mit sich.
Doch noch ein Drittes kam schließlich zu dem Kampf und der Erweckung hinzu: die Heilungen. Ohne, dass Blumhardt das bewusst gesucht oder inszeniert hätte, schenke es Gott, dass durch sein Gebet immer öfter Menschen von allen möglichen Leiden geheilt wurden: körperliche Gebrechen, unheilbare Krankheiten, aber auch seelische Nöte bis hin zu schweren psychischen Belastungen. Bis an sein Lebensende wurde Blumhardt so zu einem Fürbitter für unzählige Anliegen aus aller Welt, die im Laufe der Zeit mehr und mehr zu ihm gebracht wurden. Die Geschichten der Gebetserhörungen, die er erlebte, würden wohl ganze Bücher füllen.
Der Name Möttlingen steht darum wie für einen Einbruch des Reiches Gottes, seiner Kraft und Barmherzigkeit und Freude, mitten in unsere Welt. Und er gewann eine Ausstrahlung weit über seine eigene Zeit hinaus. So bemerkt jeder, der sich etwas eingehender mit der Kirchengeschichte des 20. Jahrhunderts beschäftigt, wie prägend Blumhardt hinter vielem steht, was bis in unsere Zeit hinein geistlich Frucht bringt. Ich nenne nur exemplarisch: Karl Barth und die Bekennende Kirche oder auch Impulse für die charismatischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts.
Möttlingen kann uns zeigen, dass gerade auch kleine, „normale“, unscheinbare Orte und Menschen, die doch im Vertrauen auf Gott treu im Gebet bleiben, zu wichtigen „Stätten der Christenheit“ werden können.